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#11 Welche Folgen hat es, wenn man glaubt, dass es Irrtümer in der Bibel gibt?

May 06, 2015
Q

Nachdem ich meinen christlichen Glauben für zwei Jahre überdacht und hier und da korrigiert habe, kann ich mich zweier anscheinend widersprüchlicher Schlussfolgerungen nicht erwehren. Die eine ist, dass die Indizienlage für die Auferstehung Jesu hervorragend ist. Aber die andere ist, dass es einige unangenehme Aspekte über die Beschaffenheit der Heiligen Schrift gibt (wie gewisse Irrtümer, oder dass ein Autor sich als jemand anders ausgibt). Dennoch scheint es, dass die Autoren des Neuen Testaments, inklusive Jesus, die Bibel auf eine Weise zitieren, die unterstellt, dass sie Wort für Wort von Gott kommt.

Während man induktive Logik verwenden kann, um auf überzeugende Weise für die Auferstehung Jesu zu argumentieren, kann man diese induktive Logik ebenfalls anwenden, um überzeugend dafür zu argumentieren, dass es gewisse seltsame Aspekte an der Bibel gibt, wie erwähnt.

Wie mir scheint, ist der Ansatz vieler Apologeten an diesem Punkt, dass sie zunächst die Autorität Jesu mittels der Auferstehung nachweisen. Wenn dann ein Argument gegen die Heilige Schrift bzw. gegen das, was Jesus in den Evangelien gesagt hat, formuliert wird, kann es kein gutes Argument sein. Aber ich empfinde das nicht als fair, denn (1) erscheint es mir unfair, auf der einen Seite induktive Logik für einen Nachweis der Auferstehung Jesu zu verwenden, diese dann aber nicht zuzulassen für Kritik an der Bibel; (2) kann ein induktives Argument stark sein, auch wenn es dem widerspricht, was Jesus in den Evangelien gesagt hat, insbesondere, weil wir nicht genau wissen, mit welchem Maß an Genauigkeit die Aussprüche Jesu aufgeschrieben wurden; und drittens kann sich schließlich jeder eine Harmonisierung eines Verses aus den Fingern saugen, die zwar möglich aber nicht sehr plausibel ist, wie Sie es sicherlich selber viele Male erlebt haben.

Aber wenn ich diese beiden gegensätzlichen Sichtweisen beide habe, ist das tendenziell zersetzend für meinen Glauben und führt letztlich zu einer gewissen Bitterkeit gegenüber Gott, dass er es zugelassen hat, dass die biblischen Autoren mit seinen Worten sehr sorglos umgingen, und dass er nicht für mehr Klarheit gesorgt hat, was von ihm ist und was nicht. Für jede Art von Hilfe, diese Spannung etwas aufzulösen, wäre ich sehr dankbar.

Besten Dank im Voraus,

Joshua.

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Dr. Craig

Dr. craig’s response


A [

Mit deiner Frage musste sich schon jeder bibelgläubige Christ, der die moderne Bibelkritik kennt, einmal auseinandersetzen. Man könnte hierzu sehr viel sagen, ich werde mich auf ein paar wesentliche Aspekte beschränken.

Zunächst mal kommt man zu der Lehre der Irrtumslosigkeit (inerrancy) der Bibel, wie ich sie gelernt habe und wie die meisten ihrer Anhänger sie heute verteidigen würden, nicht auf induktivem, sondern auf deduktivem Wege. Vertreter der Irrtumslosigkeit geben offen zu, dass keiner, der die Bibel von vorne bis hinten durchliest und alle Schwierigkeiten aufzählt, die ihm dabei begegnen, sei es Inkonsistenzen oder Fehler, am Ende der Lektüre zu dem Schluss käme, dass die Bibel irrtumslos ist. Er würde vermutlich schließen, dass die Bibel, wie fast jedes andere Buch, einige Fehler beinhaltet. Allerdings haben die Verteidiger der Irrtumslosigkeit vertreten, dass der Glaube an die Irrtumslosigkeit der Schrift als Deduktion aus anderen Wahrheiten ableitbar ist, die wiederum gut gerechtfertigt sind. Zum Beispiel hat Kenneth Kantzer, Dekan des theologischen Seminars, an dem ich studiert habe, die Irrtumslosigkeit der Schrift mit folgenden zwei Syllogismen vertreten:

1. Alles, was Gott lehrt, ist wahr.

2. Historische, prophetische und andere Indizien zeigen, dass Jesus Gott ist.

3. Daher gilt: Alles, was Jesus lehrt, ist wahr.

4. Alles, was Jesus lehrt, ist wahr.

5. Jesus hat gelehrt, dass die Heilige Schrift das inspirierte, irrtumslose Wort Gottes ist.

6. Daher ist die Heilige Schrift das inspirierte, irrtumslose Wort Gottes.

Die hier vertretene Aussage ist, dass wir gute Gründe haben, zu glauben, dass die Bibel trotz ihrer Schwierigkeiten das irrtumslose Wort Gottes ist, und dass wir sie daher als solche akzeptieren sollten. Wie Friedrich Schleiermacher es einmal ausgedrückt hat: „Wir glauben nicht an Christus, weil wir an die Bibel glauben; sondern wir glauben an die Bibel, weil wir an Christus glauben.“ Eines der besten Beispiele dieses Vorgehens ist die Lehre biblischer Irrtumslosigkeit aus John Wenhams Buch Christ and the Bible (Verlag InterVarsity, 1972, auf Deutsch erschienen unter dem Titel Jesus und die Bibel: Autorität, Kanon und Text des Alten und Neuen Testaments, Verlag Hänssler, 2000).

Wenn sich ein Vertreter der Irrtumslosigkeit der Bibel gewissen problematischen Bibelstellen gegenübersieht, wird er versuchen zu zeigen, dass es sich nur um angebliche, nicht um tatsächliche Fehler handelt, und wird plausible Harmonisierungen von scheinbaren Inkonsistenzen aufzeigen. Wenn ihm das nicht gelingt, wird er offen zugeben, dass er die Lösung für diese Schwierigkeit nicht kennt, aber dennoch darauf bestehen, dass er übergeordnete Gründe hat, dass der Text korrekt ist und dass die angebliche Schwierigkeit verschwinden würde, wenn man alle Fakten kennen würde. Ein solcher Ansatz hat dem Vertreter der Irrtumslosigkeit gute Dienste geleistet: Man könnte Beispiel nach Beispiel angeben, wo sich angebliche Fehler in der Bibel, die von früheren Generationen als solche identifiziert worden waren, heute angesichts aktueller wissenschaftlicher Befunde in Luft aufgelöst haben. Eines meiner Lieblingsbeispiele ist Sargon II., ein assyrischer König, der in Jesaja 20,1 erwähnt wird. Frühere Kritiker behaupteten, die Erwähnung von Sargon war ein Fehler, denn es gab absolut keine Indizien oder Hinweise, dass ein Assyrischer König namens Sargon II. je existiert hat – bis Archäologen, die in der Nähe von Chorsabad [Stadt in der Nähe von Ninive im heutigen Irak, Anm.d.Übers.] Ausgrabungen machten, den Palast eines Sargon II. freilegten! Heute besitzen wir mehr Informationen über Sargon II. als über jeden anderen antiken assyrischen Herrscher.

Die Frage in deinem Brief ist, wie unsere Reaktion sein sollte, wenn wir zu der Überzeugung gelangen, dass es wirklich einen Fehler in der Bibel gibt. Hätte so ein Schluss nicht eine Art von umgekehrter Konsequenz entlang der Kette von deduktiver Begründung, die uns dazu führt, Jesu Auferstehung und seine Göttlichkeit zu leugnen? Dies war anscheinend die Schlussfolgerung von Bart Ehrman, der sagt, er habe seinen Glauben an Christus verloren, weil er einen kleinen Fehler in den Evangelien gefunden hat.

Eine solche Schlussfolgerung ist aus zweierlei Gründen unnötig. Erstens müssen wir vielleicht unser Verständnis davon, was ein Fehler ist, revidieren. Keiner denkt, dass Jesus einen Irrtum begangen hat, wenn er gesagt hat, dass das Senfkorn das kleinste unter allen Samenkörnern ist (Markus 4,31), auch wenn es kleinere Arten von Körnern gibt als Senfkörner. Warum? Weil Jesus nicht Pflanzenkunde vermitteln will; er möchte eine Botschaft über Gott lehren, und die verwendete Veranschaulichung ist nebensächlich für seine Botschaft.

Verteidiger der Lehre der Irrtumslosigkeit der Bibel sagen, dass die Bibel maßgeblich ist in allem, was sie lehrt, bzw. in allem, was sie bekräftigen will. Dies wirft die große Frage auf, was die Autoren der Heiligen Schrift beabsichtigten zu bekräftigen oder zu lehren. Die Fragen nach der literarischen Gattung werden einen bedeutenden Einfluss auf unsere Antwort auf diese Frage haben. Dichtung soll zum Beispiel offensichtlich nicht wörtlich genommen werden. Aber was ist mit den Evangelien? Was ist ihre Literaturgattung? Gelehrte sind zu dem Schluss gekommen, dass das literarische Genre, mit dem die Evangelien am ehesten übereinstimmen, die antike Biographie ist. Dies ist wichtig für unsere Frage, denn eine antike Biographie hat nicht die Absicht, das Leben eines Helden in chronologischer Abfolge darzustellen, von der Wiege zum Grab. Vielmehr erzählt eine antike Biographie Anekdoten, welche dazu dienen, die charakterlichen Vorzüge des Helden zu verdeutlichen.

Was aus Sicht einer modernen Biographie wie ein Fehler aussieht, muss in einer antiken Biographie gar kein Fehler sein. Um das etwas zu illustrieren: Es gab einen Zeitpunkt in meinem Leben als Christ, als ich glaubte, dass Jesus den Tempel in Jerusalem zweimal ausgekehrt hat; einmal etwa am Anfang seines Dienstes, wie es das Johannesevangelium berichtet, und einmal nahe dem Ende seines Lebens, wie wir es in den synoptischen Evangelien lesen. Aber ein Verständnis der Evangelien als antike Biographien befreit uns von einer solchen Annahme, denn ein antiker Biograph kann Ereignisse auf nichtchronologische Weise erzählen. Nur ein nicht geneigter Leser (und einer, der sich in der Sache nicht auskennt) würde es als einen Irrtum des Johannes ansehen, dass er das Ereignis der Tempelreinigung auf einen früheren Zeitpunkt im Leben Jesu vorverlegt hat.

Wir können diesen Punkt erweitern, indem wir über die These nachdenken, dass die Evangelien sozusagen als unterschiedliche Ausführungen einer mündlich überlieferten Tradition verstanden werden sollten. Der prominente Neutestamentler Jimmy Dunn, hat – angeregt von dem Werk von Ken Bailey über die Überlieferung mündlicher Traditionen in Kulturen des Mittleren Ostens – das von ihm so genannte „stratigraphische Modell" (bzw. Schichtenmodell) der Evangelien scharf kritisiert. Nach diesem Modell sollen die Evangelien aus verschiedenen Schichten bestehen, die – auf Basis einer ursprünglichen primitiven Tradition – einander jeweils überlagern. (Siehe James D. G. Dunn, Jesus Remembered [Grand Rapids, Mich.: William B. Eerdmans, 2003] [Von dem Buch von Dunn liegt bislang keine deutsche Übersetzung vor, Anm. d. Übers.].

Nach dem Schichtenmodell gibt jede winzige Abweichung von früheren Schichten Anlass zu Spekulationen über die Gründe für die Veränderung, die manchmal zu recht phantasievollen Hypothesen über die Theologie eines Redakteurs führen. Aber Dunn spricht sich mit Überzeugung dafür aus, dass mündliche Tradition ganz anders abläuft. Worauf es ankommt ist, dass die zentrale Idee vermittelt wird, oft durch einige Schlüsselworte, und mündend in einem Ausspruch, der wortgetreu wiederholt bzw. überliefert wird; aber die umgebenden Details sind „im Fluss“ und nicht wesentlich für die Erzählung.

Das vermutlich passendste Beispiel dafür in unserer ansonsten nicht auf mündliche Überlieferung ausgelegten westlichen Kultur ist das Erzählen von Witzen. Es ist wichtig, dass man die Struktur und die Pointe des Witzes beibehält, aber der Rest ist sekundär. Vor vielen Jahren habe ich z.B. diesen Witz gehört:

„Was sagt der Calvinist, wenn er den Aufzugsschacht hinuntergefallen ist?“

„Weiß ich nicht.“

„Er steht auf, staubt sich ab und sagt: „Uff! Was bin ich froh, dass ich das jetzt hinter mich gebracht habe!“

[Der Calvinismus betont die "Vorsehung Gottes" etwas mehr als andere theologische Traditionen. Dieser Witz spielt darauf an und überspitzt dies durch die Vorstellung, der Calvinist glaube, jedes Ereignis, inklusive das Fallen in Aufzugsschächte, sei schon von vorneherein von Gott festgelegt und damit unvermeidbar, Anm. d. Übers.]

Kürzlich hat mir jemand anders einen Witz erzählt, der eindeutig derselbe Witz war. Nur, dass sie ihn so erzählt hat:

„Weißt du, was der Calvinist sagt, wenn er die Treppe heruntergefallen ist?“

“Nein."

“Uff! Was bin ich froh, dass ich das jetzt hinter mir habe!”.

Man beachte die Unterschiede in der Erzählweise dieses Witzes; aber man beachte auch, wie die zentrale Idee und insbesondere die Pointe des Witzes gleich bleiben. Wenn man nun viele der Geschichten über Jesus in den Evangelien vergleicht und die Worte identifiziert, die sie gemeinsam haben, findet man ein ähnliches Muster wie dieses. Es gibt Abweichungen in sekundären Details, aber sehr oft ist die zentrale Aussage fast wörtlich dieselbe. Man bedenke, das war in einer Kultur, in der man noch nicht das Hilfsmittel von Anführungszeichen hatte! (In der Übersetzung werden diese heute hinzugefügt, um direkte Rede zu kennzeichnen; um eine Vorstellung davon zu kriegen, wie schwierig es sein kann, genau zu bestimmen, wo direkte Rede endet, lies Paulus' Bericht seiner Diskussion mit Petrus in Galater 2 oder den Bericht über Jesu Interview mit Nikodemus in Johannes 3.)

Wenn Dunn recht hat, hat dies enorme Auswirkungen auf die Lehre der biblischen Irrtumslosigkeit, denn es bedeutet, dass die Evangelisten nicht im Sinn hatten, dass ihre Berichte wie ein bis aufs letzte Detail genaues polizeiliches Protokoll gelesen werden sollten. Was wir, die wir nicht in einer Kultur der mündlichen Überlieferung leben, vielleicht als Fehler ansehen, wäre von ihnen gar nicht als fehlerhaft angesehen worden.

Dein Kommentar hat mich betroffen gemacht, als du schriebst, du habest eine gewisse Bitterkeit gegenüber Gott entwickelt, weil „er es zugelassen hat, dass die biblischen Autoren mit seinen Worten sehr sorglos umgingen und dass er nicht für mehr Klarheit gesorgt hat, was von Ihm ist und was nicht". Joshua, du bürdest Gott einen Maßstab von Irrtumslosigkeit auf, den du selber als den richtigen ansiehst, anstatt zur Bibel zu kommen und aus ihr zu lernen, was Irrtumslosigkeit bedeutet. Die biblischen Autoren gehen mit seinen Worten nicht nachlässig um, wenn Gott nie wollte, dass sein Wort so zu verstehen ist, wie du es vorschlägst. Eine Bibel, die eine reiche Vielfalt an literarischen Gattungen verwendet, sollte nicht wie ein glattes, monotones Buch behandelt werden. Wir müssen mit Demut zum Wort Gottes kommen und aus der Bibel selber entnehmen, was es lehren und bekräftigen möchte.

Wirf mal einen Blick auf meinen Artikel Men moved by the Holy Spirit Spoke from God (2. Peter 1.21): A Middle Knowledge Perspective on Biblical Inspiration [Getrieben vom Heiligen Geist haben Menschen im Namen Gottes geredet (2. Petr. 1,21). Eine 'mittleres Wissen'-Perspektive über biblische Inspiration], siehe http://www.reasonablefaith.org/men-moved-by-the-holy-spirit-spoke-from-god , der sich in der Sektion "Scholarly Articles" (Akademische Artikel), und dort unter "Allwissenheit" findet. Dort kannst du einen Vorschlag lesen, wie man die verbale, völlige und kongruente Inspiration der Heiligen Schrift verstehen kann.

Wenn wir uns also einer Stelle in der Bibel gegenübersehen, die uns als Fehler erscheint, sollten wir uns erst fragen, ob wir der Heiligen Schrift nicht einen Standard der Irrtumslosigkeit überstülpen, der der Literaturgattung des Geschriebenen und der Absicht des Autors fremd ist. Ich entsinne mich, wie Dr. Kantzer einmal bemerkte, dass viele seiner Anhänger bzw. Bekannten geschockt wären, wenn sie wüssten, was er alles in der Schrift durchgehen lassen würde, ohne es einen Irrtum zu nennen. Er sah es so, dass wir uns selbst in den Horizont der ursprünglichen Autoren hineinversetzen müssten, bevor wir uns fragen, ob sie geirrt haben.

Aber zweitens, angenommen das hast du getan und bist immer noch der Überzeugung, dass die Schrift nicht irrtumslos ist. Heißt das, die Göttlichkeit und Auferstehung Jesu Christi auch aufgegeben werden müssen? Nein, keineswegs. Denn die weitaus schwächere Prämisse in den beiden obigen Syllogismen wird Prämisse (5) sein, nicht Prämisse (2). Wie du ja auch anerkennst, haben wir sehr gute Gründe für die Auferstehung Jesu Christi. Diese hängen in keiner Weise ab von der Irrtumslosigkeit der Bibel. Dies wurde mir sehr deutlich während meines Promotionsstudiums in München bei Wolfhart Pannenberg.

Pannenberg hatte die deutsche Theologie durch seine These aufgerüttelt, dass man auf Basis der Geschichtswissenschaft sehr gut für die Auferstehung Jesu argumentieren kann. Allerdings glaubte er auch, dass die Berichte über die Erscheinungen nach der Auferstehung so legendenhaft sind, dass sie kaum noch einen historischen Kern haben! Er vertraute nicht mal dem Bericht im Markusevangelium über das leere Grab. Vielmehr war die Basis seines Gedankengangs die frühe vorpaulinische Tradition über die Erscheinungen in 1. Kor. 15,3-5 und die Überlegung, dass eine Bewegung, die auf der Auferstehung eines Toten basierte, in Jerusalem angesichts eines Grabes, das nicht leer ist, unmöglich gewesen wäre.

Evangelikale geben manchmal Lippenbekenntnisse ab, dass die Evangelien historisch zuverlässig seien, selbst wenn sie mit dem Methodenkanon der normalen Geschichtswissenschaft untersucht werden; aber ich frage mich, ob sie das wirklich glauben. Es ist tatsächlich wahr, dass man sehr stichhaltig und überzeugend für die Auferstehung Jesu argumentieren kann, selbst wenn man keinerlei Annahmen über eine Irrtumslosigkeit der Evangelien voraussetzt.

Im Vergleich dazu sind Gründe dafür, dass Jesus an die Irrtumslosigkeit des Alten Testamentes glaubte, wesentlich schwächer. Ich denke es gibt keinen Zweifel, dass Prämisse (5) diejenige wäre, von der man sich verabschieden müsste, wenn man nicht mehr an der Irrtumslosigkeit der Bibel festhielte. Wir müssten dann unsere Lehre über die Inspiration der Schrift überdenken, aber wir müssten nicht unseren Glauben an Gott oder an Jesus aufgeben, wie es Bart Ehrman getan hat. Ehrman hatte, wie mir scheint, ein fehlerhaftes System theologischer Überzeugungen als Christ.

Wie es scheint, stand im Zentrum seines Netzes theologischer Überzeugungen die biblische Irrtumslosigkeit, und alles Übrige, wie die Überzeugungen der Göttlichkeit Jesu und seiner Auferstehung, hing davon ab. Nachdem das Zentrum einmal weg war, ist das gesamte Netz von Überzeugungen bald zusammengebrochen. Aber wenn du darüber nachdenkst, ist eine solche Struktur zutiefst fehlerhaft. Im Zentrum des Netzes unserer Überzeugungen sollten manche Kernüberzeugungen stehen wie der Glaube, dass Gott existiert, mit der Göttlichkeit und Auferstehung Jesu Christi ziemlich nahe am Zentrum. Die Lehre der Inspiration der Schrift wird dann etwas weiter draußen sein, und die Lehre der Irrtumslosigkeit der Schrift als Folge der Inspiration noch weiter draußen in Richtung Peripherie. Wenn die Irrtumslosigkeit aufgegeben wird, wird das Netz von Überzeugungen das Echo dieses Verlustes spüren, wenn wir unsere Lehre der Inspiration entsprechend angleichen, aber das Netz wird nicht kollabieren, da der Glaube an Gott und an Christus und seine Auferstehung und so weiter nicht von der Lehre der biblischen Irrtumslosigkeit abhängen.

Also hoffe ich, dass biblische Studien - anstatt zersetzend für deinen Glauben zu sein -, für dich , wie es auch bei mir der Fall war, den Reiz neuer Entdeckungen in sich tragen werden sowie spannend und ermutigend sein werden. (Üb.:RN)

- William Lane Craig