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#207 Ist die Auferstehungshypothese unwahrscheinlich?

May 06, 2015
Q Sehr geehrter Prof. Craig,

ich habe Ihre kürzliche Debatte mit Lawrence Krauss verfolgt, und wie gewöhnlich verlief die Debatte sehr einseitig zugunsten der von Ihnen präsentierten Argumente. Ich las danach eine Besprechung der Debatte und einige der Kommentare unter http://apologetics315.blogspot.com/2011/03/william-lane-craig-vs-lawrence-krauss.html. Dort widersprach ein Kommentator Ihren Ausführungen über die Auferstehung Jesu mit folgenden Bemerkungen:

„Ich war besonders peinlich berührt, als Craig, den ich eigentlich in vieler Hinsicht bewundere, in Bezug auf die Auferstehung Jesu wieder auf eine der schlimmsten Verteidigungen zurückgriff, die er je verwendet hat. Das Argument lautete: ‚Unwahrscheinlich ist das nur, wenn Jesus auf NATÜRLICHE Weise auferweckt worden wäre, aber wenn GOTT es tat, ist es nicht so unwahrscheinlich.‘ Das ist nichts anderes, als würde ich sagen, dass ich eine magische 10-Cent-Münze in der Tasche habe, durch die ich fünfmal schneller laufen kann als ein Gepard… und wenn Sie daran zweifeln, erkläre ich einfach: ‚Unwahrscheinlich ist das nur, wenn es sich um eine gewöhnliche Münze handelt… aber ich sagte, dass es eine MAGISCHE Münze ist!‘ Das erhöht die Wahrscheinlichkeit des Arguments nicht… man kann nicht die Existenz eines allmächtigen Wesens voraussetzen, um die Existenz eines allmächtigen Wesens zu beweisen… Sie könnten sofort verlangen, dass ich Ihnen zeige, wie schnell ich mit meiner magischen Münze laufen kann… aber die Behauptung eines allmächtigen, geheimnisvollen, verborgenen Gottes kann man nie falsifizieren. Sie hat keine Bedeutung für die Wirklichkeit.“

Wie würden Sie seinen Kommentar beantworten?

Grüße

Jason

Vereinigte Staaten

  • United States

Dr. Craig

Dr. craig’s response


A [Kein Grund, peinlich berührt zu sein, Jason! Der Kommentator ist da einem Irrtum erlegen.

Einer, der mir half, den Unterschied zwischen der Hypothese, dass Jesus auf natürliche Weise von den Toten auferstand, und der Hypothese, dass Gott Jesus von den Toten auferweckte, zu erkennen, war Greg Cavin, ein Kritiker der Auferstehung. Wir fragen hier nach der Wahrscheinlichkeit der Auferstehung Jesu auf dem Hintergrund unserer allgemeinen Kenntnisse, ohne irgendwelche konkreten Beweise oder Indizien zu berücksichtigen wie das leere Grab, die Erscheinungen des Auferstandenen nach dem Tod, usw. Greg machte mir klar, dass die Hypothese „Jesus erstand von den Toten auf“ zweideutig ist: Sie könnte entweder bedeuten, dass er durch rein natürliche Ursachen von den Toten auferstand, oder dass er durch eine übernatürliche Ursache auferstand. Bei der ersten herrscht allgemeine Zustimmung, dass sie absurd unwahrscheinlich ist. Dies könnte die Wahrscheinlichkeit der Hypothese „Jesus erstand von den Toten auf“ zunichte machen. Aber nehmen wir einmal an, dass wir diese Hypothese von der Hypothese „Gott erweckte Jesus von den Toten auf“ unterscheiden. Ist diese Hypothese unwahrscheinlich?

Nun, ihre Wahrscheinlichkeit hängt ab von der Wahrscheinlichkeit der Existenz Gottes und von der Wahrscheinlichkeit, dass Gott Jesus von den Toten auferwecken würde:

P (E|H) = P (E|G) × P (G|H) [1]

wobei gilt:
P = Wahrscheinlichkeit (von engl. "probability");
E = Gott erweckte Jesus von den Toten auf;
G = Gott existiert;
H = Hintergrundinformation.
Derjenige, der die Wahrscheinlichkeit der Auferstehungshypothese für gering hält, muss also zeigen, dass entweder die Wahrscheinlichkeit der Existenz Gottes gering ist oder dass die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass Gott Jesus auferwecken würde. Aber ich bezweifle, dass wir mit irgendeiner Gewissheit sagen könnten, die Wahrscheinlichkeit, dass Gott Jesus auferwecken würde, sei gering; und ich glaube auch nicht, dass man zeigen könnte, dass die Wahrscheinlichkeit der Existenz Gottes in Bezug auf unsere Hintergrundinformation gering ist. Jedenfalls waren Krauss und ich übereingekommen, das Urteil in dieser Debatte über solche Wahrscheinlichkeiten auszusetzen und nur zu fragen, ob Gottes Existenz unter der Voraussetzung bestimmter Tatsachen wahrscheinlicher ist als sonst. Deshalb konnte Krauss nicht begründet behaupten, dass die Auferstehung unwahrscheinlich ist. Da die fraglichen Wahrscheinlichkeiten an Bedingungen geknüpft sind, sollte klar sein, dass das Argument nicht einfach unbegründet voraussetzt, dass Gott tatsächlich existiert, wie unser Kommentator zu vermuten scheint.

Das Problem bei der Analogie des Kommentators liegt auf der Hand: Die Wahrscheinlichkeit einer magischen 10-Cent-Münze P (MM|H) ist absurd gering; tatsächlich ist die Idee kaum verständlich. Aber die Existenz Gottes ist es nicht; oder der Ungläubige ist zumindest verpflichtet, das Gegenteil zu zeigen.

William Lane Craig

(Übers.: M. Wilczek)


Link to the original article in English: http://www.reasonablefaith.org/is-the-resurrection-hypothesis-improbable

Anmerkungen

[1] Die Bestandteile der Gleichung lesen sich so:
P (E|H) = Die Wahrscheinlichkeit, dass Gott Jesus von den Toten auferweckt hat, angesichts aller Hintergrundinformationen, die wir schon haben.
P (E|G) = Die Wahrscheinlichkeit, dass Gott Jesus von den Toten auferweckt hat, wenn Gott existiert (d.h. die Wahrscheinlichkeit, dass Gott dafür gute Gründe hat).
P (G|H) = Die Wahrscheinlichkeit, dass Gott existiert angesichts aller unserer Hintergrundinformationen über Gottes Existenz .
D.h. die Wahrscheinlichkeit, dass Gott Jesus von den Toten auferweckt hat, entspricht der Wahrscheinlichkeit, dass Gott Jesus vermutlich von den Toten auferwecken würde, wenn Gott existiert, multipliziert mit der Wahrscheinlichkeit, dass Gott existiert (wenn wir unser sonstiges Wissen – also z.B. Argumente aus der natürlichen Theologie, wie das kosmologische, teleologische, moralische Argument für die Existenz Gottes – mit einbeziehen).

(Anm. d. Übers.)

- William Lane Craig